Trauer: ein Zustand, der Raum und Sprache braucht
- Susanne Hermann
- vor 2 Tagen
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Trauer zeigt sich selten so, wie wir es erwarten würden. Sie folgt keinem Plan, hält sich an keine Logik und lässt sich auch nicht in klare Phasen sortieren. Viele Menschen erleben sie eher wie ein inneres Kommen und Gehen: Momente, in denen alles über sie hinwegrollt, wechseln sich ab mit Phasen, die fast ruhig wirken. Dazwischen gibt es diese Zwischenräume also Zeiten, in denen man nicht weiß, was man fühlt oder ob man überhaupt etwas fühlt. Auch das gehört dazu.
Wie Trauer sich anfühlen kann
Oft ist es gerade zu Beginn schwer, die eigenen Reaktionen zu verstehen. Es kann irritierend sein, dass der Körper ganz anders reagiert als der Kopf. Manche spüren eine große Unruhe, andere eine schwere Müdigkeit. Manche weinen viel, andere fast gar nicht. Trauer ist ein sehr persönlicher Ausdruck der Beziehung zu einem Menschen, der nicht mehr da ist. Deshalb gibt es kein „richtiges“ Trauern.
Was vielen hilft, ist, sich selbst ein wenig ernst zu nehmen in diesem inneren Chaos. Nicht, indem man versucht, es zu ordnen, sondern indem man anerkennt, dass Trauer nicht nur Schmerz ist, sondern auch Liebe, Verbundenheit, Erschöpfung, Sehnsucht, Widerstand, manchmal sogar Erleichterung und oft alles gleichzeitig. Wenn man erlaubt, dass all das nebeneinander bestehen darf, entsteht manchmal ein kleiner Moment von mehr Luft.
Trauer und der Alltag
Trauer verlangt viel vom Menschen. Sie fordert, dass man Pausen macht, obwohl man weitermachen möchte. Oder dass man weitermacht, obwohl man eigentlich stillstehen will. Viele erleben, dass sich der Alltag plötzlich schwieriger gestaltet: einfache Dinge fühlen sich ungewohnt an und auch das eigene Tempo verändert sich. Das ist keine Schwäche, sondern eine natürliche Reaktion auf einen tiefen inneren Einschnitt.
In solchen Momenten kann es entlastend sein, sich behutsam zu fragen, was jetzt hilfreich wäre, damit sich etwas in Ihnen leichter anfühlt oder ein wenig mehr Halt entsteht.
Manchmal entsteht daraus etwas Kleines, ein kurzer Atemzug, ein Schritt hinaus ins Freie, ein Satz, den man jemandem schreibt, oder einfach die Entscheidung, für heute nichts mehr leisten zu müssen. Diese kleinen Gesten schaffen oft mehr Raum, als man denkt.
Orte, die Trauer halten können
Gleichzeitig muss niemand diese Zeit alleine durchleiden. Trauer sortiert sich selten von selbst; sie braucht Begegnung, Sprache, Resonanz. Für manche Menschen entsteht genau dann der Wunsch nach einem Ort, an dem sie mit ihrer Trauer einfach sein dürfen, ohne erklären zu müssen.
Im Trauercafé, das ich begleite, finden Menschen einen geschützten Raum, um ihre Erfahrungen zu teilen, sich verstanden zu fühlen oder einfach mit anderen still an einem Tisch zu sitzen, beides ist in Ordnung.
Begleitung auf dem Weg durch die Trauer
In meiner Arbeit begleite ich Menschen, die versuchen, in diesem großen inneren Durcheinander Halt zu finden, behutsam ihren Weg zu entdecken oder einfach Unterstützung brauchen, weil die Trauer schwer wird und das eigene System überlastet. Wenn Sie spüren, dass ein Gespräch hilfreich sein könnte, sei es zur Entlastung, zur Orientierung oder um gemeinsam durch diese dichten Themen zu gehen, bin ich gerne für Sie da.
Die Gedanken in diesem Beitrag entstehen aus einer Mischung aus aktuellem traumpsychologischem Wissen und der Erfahrung, die ich in der Begleitung trauernder Menschen über viele Jahre sammeln durfte.